Keine Frage der Finanzierung sonder der Prioritätensetzung

Massnahmen für Familien sind weniger eine Frage der Finanzierung, sondern der Prioritätensetzung. Den Handlungsbedarf in der Familienpolitik hat die Regierung zwar erkannt. Sie macht aber nichts! Von Dario Sulzer, Kantonsrat, Stadtrat, SP

Im Kanton St.Gallen sind Familien, Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche überdurchschnittlich von Armut betroffen. Kinder zu haben, ist ein Armutsrisiko, das zeigt der Berichtsentwurf der Regierung zum IV. Nachtrag zum Sozialhilfegesetz klar auf. Auch die Ecoplan-Studie zeigt auf, dass einkommensschwache Familien im Kanton St. Gallen schlecht gestellt sind und unter grossen Belastungen leiden.

Darum erstaunt es umso mehr, dass die Regierung keine der sich aktuell bietenden Gesetzesrevisionen nutzt, um die Situation der Familien zu verbessern. Die Bekämpfung von Armut ist ein Kraftakt und eine grosse gesellschaftspolitische Herausforderung, umso mehr braucht es eine weitsichtige Strategie zur Problemlösung. Doch weder bei der Revision des Sozialhilfegesetzes noch beim Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Familienzulagen ist eine Strategie erkennbar.

Die Regierung sieht Handlungsbedarf, macht aber nichts! Die Regierung hat im Sommer das Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Familienzulagen in die Vernehmlassung geschickt. Der Bericht zeigt auf, dass sich die Finanzlage der Ausgleichskassen im Kanton sehr positiv entwickelt. Zukünftig wird es grosse Finanzierungssaldi geben, da die Einnahmen steigen und die Zulagensumme ungefähr gleich bleibt. Aber anstatt diese komfortable Situation für familienpolitische Massnahmen zu nutzen, möchte die Regierung die Finanzierungssaldi vollumfänglich der Wirtschaft zugutekommen lassen und deren Beiträge senken. Nochmals eine Entlastung für die Wirtschaft!? Das bekämpft die SP des Kantons St.Gallen vehement.

Gerade weil der Fokus der Familienpolitik aktuell auf der Verbesserung der sozialen Sicherung von Familien mit bescheidenem Einkommen liegt, ist die Reduktion der Beiträge und die damit verbundene Verknappung der finanziellen Mittel völlig unverständlich. Die SP fordert: Die finanziellen Mittel sollen vollumfänglich den Familien in einfachen Verhältnissen zukommen.

Die Regierung kritisiert die Kinderzulagen gar als „Giesskanne“, hat aber keine andere, wirkungsvollere Massnahme entwickelt. Das ist eine schwache Leistung. Seit Jahren sind verschiedene politische Vorstösse hängig, deren Beantwortung jahrelang hinausgeschoben wurde. Störend ist, dass die aufschlussreiche Ecoplan-Studie erst 4 Jahre nach deren Erscheinen politisch gewürdigt wird und ihr keine Taten folgen. Eine Erhöhung der Kinder- und Ausbildungszulagen steht nicht im Vordergrund. Wir fordern bedarfsabhängige Massnahmen für Familien in finanziell engen Verhältnissen.

Die SP unterstützt eine bessere Ausstattung der Prämienverbilligung (IPV) und

die Schaffung von Ergänzungsleistungen für Familien.

Die SP hat in der Vergangenheit verschiedentlich die Verbesserung der Prämienverbilligung und mehr Mittel dafür gefordert und würde es sehr begrüssen, wenn dort Verbesserungen gemacht werden. Unsere Forderung wurde immer mit Argument „das können wir uns nicht leisten“ abgewürgt. Aufgrund der angekündigten Gewinnsteuersenkung im Rahmen von USR3 drohen dem Kanton Steuerausfälle von 150 Millionen Franken! Im gleichen Atemzug wird behauptet, wir hätten kein Geld für Familien?

Massnahmen für Familien sind weniger eine Frage der Finanzierung, sondern der Prioritätensetzung und des politischen Willens! Verbesserungen bei der IPV sind finanzierbar!

Die SP ist aber der Meinung, dass die Mittel aus dem Finanzierungssaldo der Kinderzulagen freigemacht werden sollen, um kantonale Ergänzungsleistungen für Familien einzuführen. Die Abschätzungen zeigen, dass die vorhandenen Mittel dafür ausreichen würden. Ebenfalls wird es als grundsätzlich gutes Instrument dargestellt. Nicht gelten lassen wir die Ausrede, das Modell sei noch zu wenig ausgereift. Dann muss St. Gallen halt in dessen Entwicklung investieren.

Wir fordern von der Regierung, dass sie eine kreative Lösung findet und mit der Wirtschaft verhandelt, dass diese Mittel in bedarfsabhängige Instrumente fliessen können. Die Regierung soll dabei mit der Wirtschaft ihren Spielraum ausloten, um zu einer guten Lösung zu kommen. Andere Kantonsregierungen haben im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform 3 mit den Firmen Verbesserungen für Familien ausgehandelt.

In jedem Fall sind die rund 95 Millionen Franken bis 2040 für einkommensschwache Familien einzusetzen. Die Beiträge der Firmen zu senken und damit die Wirtschaft zu entlasten, lehnt die SP klar ab. Eine weitere Entlastung der Wirtschaft neben der Unternehmenssteuerreform 3 und deren kantonalen Umsetzung ist unnötig und unverantwortlich.

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