Mehr Solidarität statt permanente Verschärfungen

Die Revision des Sozialhilfegesetzes ist die Gelegenheit, die Solidarität zwischen den Gemeinden zu stärken. Die SP des Kantons St.Gallen stellt mit ihrer Vernehmehmlassungsantwort klare Forderungen zum Wohle aller. Die SKOS-Richtlinien müssen verbindlich erklärt werden. Nicht einverstanden ist die SP mit der Abschaffung der Mutterschaftsbeiträge. Von Maria Pappa, Vize-Präsidentin SP SG, SP-Stadtparlamentarierin, Kandidatin Stadtrat

Seit 30 besteht für schwangere Frauen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen die Möglichkeit durch die Mutterschaftsbeiträge die Existenzängste zumindest für die 6 Monate nach der Geburt zu mindern. Das Ziel des Gesetzes war, dass keine Frau nur aus finanzieller Not eine Schwangerschaft abbrechen oder direkt nach der Geburt sofort eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss. Sie sollen eine finanzielle Unterstützung als nicht zurückzuleistende Mutterschaftsbeiträge erhalten.

Leider ist bekannt, dass viele Gemeinden in unserem Kanton sich von dieser Aufgabe gedrückt haben. Viele Frauen werden über diese Mutterschaftsbeiträge nicht informiert. Anderen werden diese Beiträge nicht korrekt ausbezahlt. Alles um Kosten zu sparen. Und nun will der Kanton diese Mutterschaftsbeiträge ganz streichen. Die Haltung vieler Verantwortlicher in den Gemeindehäusern, dass die Frauen nun Sozialhilfebeiträge anfragen müssen, ist demütigend. Viele dieser Frauen haben vorher und müssen danach wieder 100 % im Tieflohnbereich arbeiten. Meist haben sie kein soziales Netz, das sie bei der Betreuung der Kinder unterstützen könnte, so dass sie zusätzlich noch die teure Kinderbetreuung bezahlen müssen. Viele von ihnen waren vorher nicht sozialhilfeabhängig und tun auch nach der Geburt alles Mögliche damit sie nicht Sozialhilfe beziehen müssen. Die Zahlen belegen, dass viele Frauen nur vorübergehend in eine Notlage geraten. Es ist nicht haltbar, wenn diese Frauen nur wegen einer Schwangerschaft stigmatisiert werden.

Die Mutterschaftsbeiträge sind ein gutes komplementäres Angebot zur neuen Mutterschaftsentschädigung. Die Gemeinden werden durch die Mutterschaftsentschädigung entlastet, da sie nur noch die verbleibende Restdifferenz leisten müssen. Wenn die Mutterschaftsbeiträge gestrichen werden, wird bei Frauen mit geringem Einkommen oder nicht erwerbstätigen Müttern gespart. Die Bemessungsgrundlage für die Mutterschaftsbeiträge richtet sich nicht nach den Richtlinien der Sozialhilfe, sondern nach den Berechnungsgrundlagen der Ergänzungsleistungen. Beispielsweise ist der Ermessungsspielraum bei den Mieten und beim Lebensunterhalt grösser. Dies ist in einer solchen Situation, in der ein Kind erwartet wird, auch sehr sinnvoll. Die Leistungen auf die Sozialhilfe abzuschieben, ist für die Betroffenen eine finanzielle Verschlechterung und dies genau in einer Situation in der die Kosten durch die Geburt des Kindes steigen. Es ist eine Zumutung beispielsweise zu erwarten, dass eine schwangere Frau nur wegen anderer Berechnungsgrundlagen in eine kleinere und billigere Wohnung umziehen muss, bis sie wieder die Möglichkeit hat, ihr Leben selbst zu finanzieren. Auch kann man nicht erwarten, dass die Mehrleistungen, die durch die Mutterschaftsbeiträge möglich sind, durch die situativen Leistungen in der Sozialhilfe abgedeckt werden. Dies weil genau dort in den letzten Jahren immer mehr gespart wurde. Insbesondere Familien, welche ausschliesslich wegen der Geburt des Kindes in eine finanzielle Notlage geraten, wären die Leidtragenden.

Deshalb fordern wir:

  • dass die Mutterschaftsbeiträge weiterhin geleistet werden und
  • dass kontrolliert wird, ob Gemeinde ihre Informationspflicht wirklich wahrnehmen.

 

Gemeindesolidarität

Die Vernehmlassungsvorlage zeigt die widersprüchliche Haltung, die immer mehr in der Sozialhilfe zu spüren ist. Bei den Klienten werden harte Sanktionierungsmöglichkeiten vorgeschlagen, wenn sie nicht so „spuren“ wie sie sollten. Bei den Gemeinden hingegen, die ebenfalls Pflichten und Aufgaben haben, plädiert man auf die Gemeinde-Autonomie.

Natürlich kann man davon ausgehen, dass die Mehrheit der Gemeinden ihren Verpflichtungen nachgeht. Dies ist auch bei den sozialhilfebeziehenden Personen der Fall. Trotzdem will man jetzt eine Verschärfung, um schwarze Schafen zu verhindern. Bei den Gemeinden aber ist man kulanter. Dies obwohl allen bekannt ist, dass es Gemeinden gibt, die heute schon mit verschiedenen legalen und illegalen Möglichkeiten, mit subtilen und offensichtlichen Massnahmen versuchen sich aus der Verantwortung zu stehlen. Beispiele: Anschreiben von Hausbesitzern, die billige Wohnungen anbieten, Schikanen beim Empfang im Amt, fehlende rechtliche Informationen, usw.

Einige Gemeinden verhalten sich so aus eigener Angst oder Not, weil die Sozialhilfekosten immer mehr steigen und die Steuerlast für die BewohnerInnen schon hoch ist. Wie in der Revision selbst beschrieben, sind die Unterschiede zwischen den Gemeinden namhaft. Es kann nicht sein, dass eine Gemeinde bestraft wird, wenn dort mehr Sozialhilfebeziehende leben. Dies ist kontraproduktiv und heizt nur den Negativwettbewerb an. Deshalb braucht es aus Sicht der SP SG zwei Massnahmen:

  • Die Verbindlichkeit der SKOS (oder zumindest der KOS) Richtlinien
  • Eine gerechtere Verteilung der Sozialhilfekosten unter allen Gemeinden.

 

Wirkung der Sanktionsmöglichkeiten prüfen

Für die grosse Mehrheit der Menschen ist der Gang zum Sozialamt eine extrem schambeladene Hürde. Hier braucht es professionell ausgebildetes Personal, das den Menschen, in angemessener und menschenwürdiger Form die Rechte und Pflichten aufzeigt und Verfügungen korrekt und verständlich formuliert. Es handelt sich um hoch sensible Situationen, bei dem es wichtig ist, die „Hoch-Drucksituation“ des Klienten zu erkennen und mit Deeskalationsmassnahmen zu arbeiten. Unausgebildetes Personal, kann mit den komplexen Situationen schnell überfordert sein und ihren Ärger oder ihre Machtposition ausnützen. Die in der Revision vorgeschlagene Verschärfung der Sanktionen, kann die Notlage der Sozialhilfepersonen noch verschlechtern.

Die SP SG erwartet zum Schutz der Betroffenen und zur qualitativen Ausübung der Arbeit folgende Massnahmen:

  • Professionell ausgebildetes Personal. Und klare Bezeichnung, was als Fachpersonal bezeichnet wird.
  • Die Überprüfung der Wirkung von Sanktionen im Rahmen eines regelmässigen Berichts zur sozialen Lage im Kanton.

 

Keine Verschärfung bei der Alimentenbevorschussung

Obwohl die Regierung richtig schildert, dass Familien ein hohes Sozialhilferisiko besitzen und rund ein Drittel der Sozialhilfebeziehenden Kinder und Jugendliche sind, verschlechtert sie mit zwei Massnahmen die Situation. Die Alimentenbevorschussung soll eingestellt werden, wenn die Inkassobemühungen bei im Ausland lebenden Elternteilen längere Zeit erfolglos bleiben. Gleichzeitig soll neu das Einkommen des anspruchsberechtigten Jugendlichen (bei einer Lehre etwa) bei der Berechnung des Anspruchs auf Alimentenbevorschussung angerechnet werden. Massnahmen, welche die betroffenen Jugendlichen bestrafen. Mit der neuen Regelung könnten bspw. volljährige anspruchsberechtigte Kinder in Ausbildung, die aus bestimmten Gründen bereits alleine wohnen und ihr Lehrlingslohn neu angerechnet wird, in die Sozialhilfe fallen.

Die SP ist entschieden gegen die Verschärfungen bei der Alimentenbevorschussung.

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