Die SP Kanton St.Gallen ist empört und enttäuscht über den Entscheid der St.Galler Staatsanwaltschaft, gegen die Verantwortlichen des grössten Neonazi-Konzert Europas in Unterwasser letzten Oktober keine rechtlichen Schritte einleiten zu können. Die SP prüft die Verschärfung des Gesetzes. Von Guido Berlinger-Bolt, Politischer Sekretär SP SG
„Nun ist eingetroffen, was wir befürchtet hatten“, sagt SP SG-Präsident Max Lemmenmeier. „Das grösste Neonazi-Konzert in ganz Europa in Unterwasser hat kein rechtliches Nachspiel.“ Heute Morgen verschickte die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen diesbezüglich eine Medienmitteilung. Am 15. Oktober feierten 6000 Neonazis unbehelligt zur Musik der aktuell erfolgreichsten Nazi-Bands. Dabei grölten sie „Sieg-Heil“-Rufe und huldigten die Gräueltaten der NationalsozialistInnen und der Waffen-SS. In sozialen Netzwerken und später in den Medien tauchten dazu eindeutige Bilder und Videos auf. Ebenso höhnische Kommentare zur „schweizerischen Gastfreundschaft“ gegenüber Neonazis.
OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen werden nun gemäss Staatsanwaltschaft aus zwei Gründen straffrei davon kommen.
- Die St.Galler Kantonspolizei war während des Anlasses aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage, offensichtliche Verstösse gegen die Rassismus-Strafnorm in der Tennishalle in Unterwasser aufzunehmen. Sie konnte nur für ganz kurze Zeit in die Halle, eine Verwanzung der Halle war wegen der Überrumpelungstaktik der Neonazis nicht möglich. Die SP kritisierte diesen rechtsfreien Raum für die Naziszene scharf.
- Auch wenn die Polizei in Unterwasser Film- und Tonmaterial erstellt sowie systematisch Personenkontrollen durchgeführt hätte, reicht das gemäss aktuellem Recht offenbar nicht für eine Verurteilung wegen Verstosses gegen die Rassismus-Strafnorm aus: Hitlergruss und Hakenkreuz sind aus für die SP unverständlichen Gründen in der Schweiz nicht verboten. Lediglich die Werbung mit solchen Gesten und Symbolen ist verboten.
Klärung und Verschärfung
SP-Nationalrätin Barbara Gysi prüft derzeit die wirksame Verschärfung der Rassismusstrafnorm und wird dazu einen Vorstoss im Nationalrat einreichen. „Nazisymbole und Nazi-Gesten müssen auch in der Schweiz unmissverständlich unterbunden und verhindert werden“, sagt sie. „Ansonsten droht die Schweiz und insbesondere der grenznahe Kanton St.Gallen zum Mekka der europaweit organisierten Neonazi-Szene zu werden.“ Im Vordergrund stehen für Barbara Gysi zunächst folgende Abklärungen:
- Ist ein Index mit zu verbietenden Nazis- und Rassistensymbolen und –gesten in der Schweiz möglich?
- Die Schweiz darf nicht länger gesetzliche Schlupflöcher für Neonazis aus ganz Europa bieten. Die neue braune Internationale muss verhindert werden. Dazu gehört jetzt die Analyse des Bundesdeutschen Rechts gegen Neonazi-Symbole und –Aufmärsche. Nötigenfalls folgen daraus Anpassungen der Schweizer Rassimusstrafnorm.
- Das Nazitreffen in Unterwasser wie auch die Folgeveranstaltungen weiterer NeonazisängerInnen in Kaltbrunn und in den Kantonen Luzern und Wallis waren von den OrganisatorInnen jeweils als privater Anlass deklariert. Mit weitreichenden Konsequenzen für die Polizei vor Ort. Wann ist ein Anlass privat? Aus SP-Sicht kann ein politischer Anlass gar nie privat sein, das ist ja gerade das Wesen der Politik, der sprichwörtlich „öffentlichen Sache“.
Solche gesetzliche Anpassungen stehen für die SP im Vordergrund. Die SP wird weiterhin die Meinungsäusserungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit verteidigen und steht einer Ausweitung der Überwachungstätigkeiten der Nachrichtendienste nach wie vor kritisch gegenüber.
Die SP fordert alle DemokratInnen und BürgerInnen, die nicht wollen, das St.Gallen zum Mittelpunkt der europäischen Neonaziszene wird, auf: Stellen Sie sich jetzt rasch und unmissverständlich hinter diese Prüfung.