RECHTSBÜRGERLICHE FINANZPOLITIK – WIDERSPRÜCHE UND KURZES GEDÄCHTNIS

Der rechtsbürgerlich dominierte Kantonsrat peitscht beides gleichzeitig durch: Staatsabbau weil zu wenig Geld da ist und Steuersenkungen. Weil zu viel Geld da ist. Von Guido Berlinger-Bolt, Politischer und Fraktionssekretär der SP Kanton St.Gallen. 

Die Rechtsbürgerliche Kantonsratsmehrheit beschloss am Sessionsdienstag eine Steuersenkung um 5 Prozent. Noch im Februar fanden FDP und Mitte, das wäre „unverantwortlich“. Gleichzeitig reden dieselben Rechtsbürgerlichen von einem Strukturellen Defizit, beschliessen ein Sparpaket und erteilen einen Auftrag für weiteren Staatsabbau.

Rechtsbürgerliche voller Widersprüche

Bettina Surber, SP-Fraktionspräsidentin, brachte den Widerspruch der aktuellen rechtsbürgerlichen Finanz- und Steuerpolitik auf den Punkt: “Sie sagen einmal, dieser Kanton habe ein strukturelles Defizit. In einer solchen Situation können Sie nicht ernsthaft eine Steuersenkung beschliessen. Das wäre grobfahrlässig. Gleichzeitig sagen Sie, unser Kanton habe zu viel Eigenkapital. Aber dann braucht es kein Staatsabbaupaket. Aber Sie sitzen hier und beschliessen beides zugleich!“ Die Rechtsbürgerlichen sollten so ehrlich sein und der Bevölkerung endlich sagen, was sie wollen, so Bettina Surber: Sie wollen den Staat abbauen. Dabei folgen sie einer überholten neoliberalen Ideologie und zeichnen vom Staat ein verzerrtes Bild: Der Staat ist nicht ein Schreckgespenst, das den Einwohner*innen das Geld aus den Taschen zieht. Bettina Surber stellte klar: „Der Staat, das ist unser Gesundheitssystem, das sind die Pflegefachpersonen und Ärzt*innen, die derzeit versuchen, die Pandemiesituationen zu bewältigen. Der Staat sind die Ergänzungsleistungen, wenn die Rente nicht zum Leben reicht, die Schulen und Hochschulen; der Staat, das ist die gesamte Infrastruktur, das ist die Wasserversorgung, die Entsorgung, das sind die Gerichte, die Polizei; der Staat, das ist die Coronahilfe für viele Betriebe“

Nach vorne, nicht in den Abgrund!

Aus Sicht der SP ist klar: Wir müssen den Standort St.Gallen nach vorne entwickeln; die SP ist bereit, in die Zukunft von St.Gallen zu investieren. Mitten in der Covid-19-Krise, mitten in der Klimakrise ist ganz gewiss nicht richtige Zeitpunkt für ein Staatsabbau-Paket. Dieser Kanton hat kein „strukturelles Defizit“. Er hat die Mittel für eine Krisenbewältigung, die alle in der Bevölkerung mitnimmt. Er hat die Mittel für echten sozialen Fortschritt. Entlastungen zum jetzigen Zeitpunkt müssen alle Einwohner*innen dieses Kantons erreichen. Die SP schlug anstelle der Steuersenkung eine Bevölkerungsgutschrift von 137 Franken pro Person vor. Eine Familie mit 3 Kindern hätte so zum Beispiel 685 Franken erhalten. Guido Etterlin, SP-Kantonsrat und Mitglied der Finanzkommission, verband die Bevölkerungsgutschrift mit den stetig steigenden Krankenkassenprämien: „Familien und viele Geringverdienende ächzen nämlich unter den stetig steigenden Prämien. Stattdessen verweigerten sich die rechtsbürgerlichen Kantonsrät*innen der Realität.“ Zudem hätte eine solche Gutschrift einen positiven konjunkturellen Effekt: Während eine Senkung des Steuerfusses v.a. bei Personen mit hohen und sehr hohen Einkommen einschenkt, würden von der Bevölkerungsgutschrift auch Personen und insbesondere Familien mit mittleren und tiefen Einkommen profitieren. Diese bringen das Geld auch effektiv ins Wirtschaftssystem ein, während gut und sehr gut Verdienende nicht mehr ausgeben, weil sie etwas mehr haben.

 

Am Ende bleibt das ernüchternde Ergebnis: Sparpaket, Senkung des Steuerfusses und ein weiteres Sparpaket für nächsten Sommer. Und das ohne grössere Debatte im Rat. Mitte, FDP und SVP bilden einen Block. Es gibt keinerlei politische Zwischentöne. Die SP wird sich weiterhin einsetzen für einen Kanton, der sich nicht selbst die Zukunft verbaut.

 

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