Die Geschäftsleitung der SP des Kantons St.Gallen hat an der jüngsten Sitzung die Nein-Parole für die kantonale Vorlage zur Arealentwicklung Wil-West beschlossen. Von Guido Berlinger-Bolt, Politischer Sekretär SP SG.
Mit der Nein-Parole zum Sonderkredit Wil-West kommt die äusserst kritische Haltung der SP bezüglich neuer Strassenprojekte zum Ausdruck. Der Entscheid fiel nach längerer Diskussion deutlich. Die SP würdigt: Die Förderung von Arbeitsplätzen in der Region wäre wichtig und die infrastrukturellen Ideen hinter dem Projekt wären lohnend. Doch die Umsetzung ist alles andere als zeitgemäss.
Eine andere Wirtschaft ist möglich
Aus Sicht der SP ist klar: Die Wirtschaft der Zukunft sieht anders aus. Ein grosses Industriegebiet, für das riesige Flächen an Kulturland überbaut werden, ein neuer Autobahnanschluss, der zusätzlichen Verkehr in die Umgebung bringt – das ist weder modern noch klimagerecht.
«Eine andere Wirtschaft ist möglich. Unsere Gesellschaft muss endlich umdenken und den Mut und die Kraft aufbringen, unsere Zukunft neu, positiv, sozial und klimagerecht zu gestalten.»
(SP SG-Präsidentin Andrea Scheck)
Die SP stört sich daran, dass bei der Annahme der Vorlage Wil-West Arbeitsplätze aus den Dörfern in ein neu geschaffenes Zentrum abwandern; die umliegenden Dörfer würden wegen der fehlenden eigenen Perspektiven an Attraktivität verlieren. Die Zentralisierung von Arbeitsplätzen bedeutete für viele längere Wege und im vorliegenden Plan zum Areal Wil-West würde ein überwiegender Teil der Arbeiter:innen, Angestellten und Kund:innen diese Wege grösstenteils mit dem Auto zurücklegen.
Der neue Autobahnanschluss wird erfahrungsgemäss zu mehr Verkehr in Wil und Umgebung führen. Das schadet den Menschen in der Region, und auch dem Klima. Mitten im zweitheissesten Sommer seit Messbeginn ist das der komplett falsche Lösungsansatz.
Falsche Priorisierung: Autobahnanschluss gebaut, bevor Arbeitsplätze entstehen
Besonders störend ist aus der Sicht der SP, dass der A1-Anschluss bereits fixfertig geplant und finanziert ist, die öV-Anbindungen jedoch noch unklar sind. Andrea Scheck: «Die Linienführungen und die Haltestellen der Appenzeller Bahn und der SBB müssen zuerst gebaut werden, der Autobahnanschluss ist zurückzustellen. Gleiches gilt für die Kompensation vom Land: Die Ersatzflächen müssen gefunden werden, bevor das Kulturland überbaut wird.» Bisher sind für nur etwa 8 der 18 Hektaren Furchtfolgeflächen provisorische Kompensationsflächen gefunden worden.
Das Voranpreschen in einem Projekt mit derart gewichtigen Unklarheiten und falschen Priorisierungen lässt sich aus Sicht der SP nicht rechtfertigen. Denn auch finanziell ist das Projekt nicht lohnend: Es ist fraglich, ob der Kanton SG den Kredit von 35 Mio. für die Entwicklung des Areals durch den Verkauf von Baufeldern wieder einnehmen kann. Genauso sind die in Aussicht gestellten 3000 hochwertigen Arbeitsplätze aktuell nur spekulativ.
Auf keinen Fall darf das Projekt angegangen werden, solange derart viele Unzulänglichkeiten bestehen. Sonst bekommt der Kanton im schlimmsten Fall einen zusätzlichen Autobahnanschluss – ohne neue Arbeitsplätze.