Beweissicherung bei sexuellen Übergriffen: Sind die Angebote der Soforthilfe genügend bekannt?

Kommt es zu einem sexuellen Übergriff, sind die ersten 72 Stunden nach dem Vorfall ausschlaggebend für die Spuren- und damit Beweissicherung. Dies schilderte kürzlich auch der Chefarzt des Instituts für Rechtsmedizin des Kantonsspitals gegenüber dem St.Galler Tagblatt eindrücklich.[1] Das Kantonsspital verfügt über klare Abläufe und fachkundige Stellen für die «Soforthilfe nach sexueller Gewalt»: Rund um die Uhr können sich Opfer untersuchen lassen und werden betreut. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die Spurensicherung unabhängig von einer polizeilichen Anzeige erfolgen kann. Obwohl es sich um Offizialdelikte handelt, sind die Mitarbeitenden des Kantonsspitals zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dieses Vorgehen ist zu begrüssen. Viele Opfer sind kurz nach einem Übergriff noch unsicher, was ein Strafverfahren für sie bedeutet und ob sie ein solches wünschen. Aus Sicht der Beweissicherung drängt die Zeit allerdings, weshalb es sinnvoll ist, die Möglichkeit der Spurensicherung und diejenige der Strafanzeige nicht zu vermischen. Opfer können so die Spuren rechtzeitig sichern lassen und haben danach ausreichend Bedenkfrist. Leider ist dieses Angebot im Kanton St.Gallen der breiten Bevölkerung kaum bekannt. Während es in gewissen Ländern üblich ist, dass an öffentlichen Orten wie etwa Toiletten proaktiv entsprechende Informationen verbreitet werden und z. B. der Kanton Zürich in diesem Bereich explizit ein «Zürcher Modell» mit «Forensic Nurses» politisch forcierte,[2] erhielt das bereits seit Langem bestehende, sehr ähnliche «St. Galler Modell» bis anhin wenig Aufmerksamkeit. Die Bekanntheit des Angebots ist aber wichtig, gerade weil im Ernstfall jede Stunde zählt.

Die Regierung wird eingeladen, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Mit welchen Massnahmen wurden die bestehenden Angebote der Soforthilfe nach sexueller Gewalt bis anhin bekannt gemacht?
  2. Ist die Regierung bereit, die Kampagnentätigkeit zu intensivieren, um aktiver auf die Angebote aufmerksam zu machen?
  3. Sieht die Regierung Handlungsbedarf, um die Angebote weiter zu stärken?

[1] St. Galler Tagblatt vom 18.05.2024.

[2] Kanton Zürich RRB 1320/2023.

Für Rückfragen

Monika Simmler

Monika Simmler

Kantonsrätin St.Gallen und Vize-Fraktionspräsidentin

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