Eine Frage des politischen Willens

Die SP des Kantons St.Gallen fordert Investitionen in der Familien- und Sozialpolitik statt einseitige Entlastung von Unternehmen.

Von Barbara Gysi, Nationalrätin SP

Die steuerliche Situation für Firmen im Kanton St. Gallen ist schon länger sehr gut. Frühere Gewinnsteuersenkungen haben deren Steuerbelastung deutlich gesenkt. Viele bezahlen keine oder nur wenig Steuern. Gleichzeitig profitiert die Wirtschaft von der öffentlichen Infrastruktur und Bildungsangeboten.

Wieder steht ein Schritt massiver Steuersenkungen bevor. Die notwendige Beseitigung der international geächteten Steuererleichterungen für Holdings und international tätige Unternehmen führt zu einer weiteren massiven Entlastung der Unternehmen. Neue Steuersparinstrumente führen zu beträchtlichen Mitnahmeeffekten und grossen Einnahmeausfällen. Im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform 3 hat die St. Galler Regierung angekündigt, die Gewinnsteuersätze massiv senken zu wollen. Der kantonale Steuersatz der einfachen Steuer soll von 3,5 auf 2 Prozent gesenkt werden. Der Kantonale Satz fällt somit von 12,5& auf 6,5%. Der geschätzte Ausfall beträgt rund 150 Millionen Franken.

Die Lohnnebenkosten der Firmen sind in den letzten Jahren ebenfalls gesunken, da insbesondere die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung und die EO gesenkt wurden. Während Unternehmen gefördert wurden, wurden Familien und auch Einzelpersonen laufend stärker belastet. Namentlich durch Kürzung der Krankenkassen-Prämienverbilligung, durch Erhöhung Studiengebühren, durch Kürzungen bei den Stipendien, durch die Streichung ausserordentliche Ergänzungsleistungen, und durch die Erhöhung der Kita-Tarife.

Die BASS-Studie „Verteilung von Einkommen und Vermögen im Kanton St. Gallen 1995-2010“, welche die SP-Grüne Fraktion und der kantonale Gewerkschaftsbund im Frühling 2015 präsentierten, zeigte klar auf, dass sich die Einkommen im Kanton St. Gallen unterdurchschnittlich entwickelt haben. Während sie gesamtschweizerisch um 13% anstiegen, betrug der Anstieg in St. Gallen nur 8%. Unter Berücksichtigung der Teuerung sind die Einkommen gar zurückgegangen. Die Lebenshaltungskosten, primär Mieten und Krankenkassenprämien, sind hingegen markant gestiegen.

Geradezu grotesk sind darum die Ideen der Regierung die Unternehmen weiter zu entlasten, statt die Chance zu packen und die Überschüsse bei den Familienzulagen für eine proaktive Familienpolitik einzusetzen. Auch die Verschärfungen in der Sozialhilfe und die geplante Abschaffung der Mutterschaftsbeiträge sind sozialpolitisch kontraproduktiv.

Der Kanton Waadt hat mit den Unternehmen verhandelt und parallel zu Steuerverbesserungen für die Unternehmen deutliche Verbesserungen in der Sozial- und Familienpolitik erreicht. Tieferen Unternehmenssteuersätzen stehen höhere Beiträge für die Kindertagesbetreuung und höhere Kinder- und Ausbildungszulagen gegenüber.

Die SP des Kantons St. Gallen fordert eine Offensive zur Stärkung der Familien- und der Sozialpolitik.

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