Wie jedes Jahr stand der Voranschlag und heuer zusätzlich das Stabilisierungsprogramm im Zentrum der Wintersession. Doch auch die Umsetzung des Verfassungsartikels 121a (MEI) und die zweite Runde der Altersvorsorge im Ständerat waren von grosser Bedeutung.
Für mich persönlich wichtig waren die Vorlagen zum Gesundheitswesen, wie die Prämienbefreiung für Kinder, die Verbesserungen für schwer behinderte Kinder, die zuhause gepflegt werden, sowie die Franchisenerhöhung. Daneben die Diskussion zur Bankgeheimnis-Initiative und zum Gegenvorschlag und das Gentechnikgesetz. Der Parteitag der SP Schweiz am ersten Sessionswochenende verdichtete das Programm, denn da war ich stark engagiert und wurde zudem als Vizepräsidentin wiedergewählt.
Voranschlag 2017 und De-Stabilisierungsprogramm
So quasi als Aufwärmrunde auf die von den Finanzgeschäften geprägte erste Sessionswoche habe ich meine Beteiligung in der Arena „Vergolden wir die Bauern?“ erlebt. Ein Auftritt, der mir wieder einmal zahlreiche Emails bescherte, ein paar ganz üble, aber auch aufmunternde und informative Zuschriften. Anfang November wurde ich als Präsidentin des Personalverbands des Bundes (PVB) gewählt. Obwohl ich derzeit nur Ersatzmitglied in der FiKo bin, konnte ich darum beim Voranschlag und Leistungsabbau-Programm sprechen und auf die äusserst angespannte Situation fürs Personal hinweisen, die sich durch die drohenden Milliarden-Einnahmenausfälle im Rahmen der USR III verschärfen würde. Leistungen werden abgebaut, Arbeiten verzögert, schon lange werden bei Stellenwechseln Vakanzen eingeplant und viele Personen gar nicht mehr ersetzt. Eine FDP-SVP-Allianz drückte Querschnittskürzungen beim Personal (im Umfang von ca. 370 Stellen) und in den Sachaufwänden durch – ohne aber zu benennen, welche Leistungen dann nicht mehr erbracht werden sollten. Dem Gleichstellungsbüro wollten sie 25% der Stellen wegkürzen und dem Bundesamt für Statistik kurzfristig 60-80 Stellen streichen. Dies konnte zum Glück verhindert werden. Gleichzeitig wurde der Bauernstand verschont resp. deren Budgetposten erhöht. Das Budget stand kurz vor dem Absturz, weil die SVP es in der ersten Runde mit uns zusammen ablehnte. Erst in der zweiten Runde enthielten sie sich und ersparten so ihrem Finanzminister die Blamage ohne reguläres Budget ins neue Jahr zu gehen. Der Versuch eines Kompromisses blieb chancenlos und das Resultat der Einigungskonferenz wurde abgelehnt.
Zuwanderungsartikel 121a
In dieser Session mussten wir die Umsetzungsgesetzgebung abschliessen. Das verkam zu einem grossen Seilziehen zwischen SVP und CVP und den übrigen Fraktionen. Der Arbeitslosenvorrang ist ein gangbarer Weg und sollte wohl auch von der EU akzeptiert werden. Für mich muss der Schutz der (älteren) Arbeitnehmenden noch weiter gehen, doch unsere bisherigen Anläufe dazu scheiterten. Die SVP hat die im Fernsehen direkt übertragene Nationalratsdebatte erneut zum Spektakel gemacht und insbesondere unsere Bundesrätin Simonetta Sommaruga mit Fragen bombardiert.
Altersvorsorge wieder auf Kurs
Mit grosser Spannung verfolgte ich die nächste Runde zur Altersvorsorge im Ständerat. Im Grossen und Ganzen hat der Ständerat seine Entscheide bestätigt: 1 Mehrwertsteuerprozent zur Finanzierung der AHV gesichert und als Kompensation der Umwandlungssatzsenkung den Zuschlag zur AHV-Rente beibehalten. Neu und klug ist die Lösung bei der 2. Säule. Der Ständerat will einen prozentualen Koordinationsabzug (40% des AHV-Jahreslohnes; aber mind. 14’000 und max. 21’000 Franken). So werden Teilzeitarbeit und tiefere Einkommen besser versichert. Insgesamt ist das Kompensationsmodell des Ständerats günstiger und effizienter als dasjenige des Nationalrats vom September. Kumuliert für die Jahre 2018 bis 2030 sind es 24 Milliarden Franken Differenz.
Gesundheitspolitik
Zahlreiche Geschäfte aus meiner Kommission wurden diese Session behandelt. Sehr erfreulich war die Verbesserung der Situation schwer behinderter Kinder, die zuhause gepflegt werden. Diese Familien sollen künftig eine höhere Entschädigung erhalten. Zum Glück konnte sich hier die Minderheit durchsetzen, so dass die Assistenzbeiträge nicht angerechnet werden. Sonst hätten diejenigen Familien mit den grössten Belastungen nicht profitieren können. Wir wurden von verschiedenen betroffenen Eltern direkt kontaktiert, die uns eindrücklich ihre Situation schilderten. Sogar die Gemeinde Uznach wandte sich mit einem Schreiben an die St. Galler Nationalrät/innen.
Die Klärung der Zuständigkeit der Restfinanzierung ausserkantonaler Pflegeheimplatzierungen war ein kleiner, aber bedeutender Entscheid, hatte ich doch damals als Stadträtin einige sehr schwierige Situationen erlebt, bei denen um die Begleichung der Heimrechnungen gestritten wurde.
Die Tabaklobby setzte sich durch, als das Tabakproduktegesetz an den Bundesrat zurückgewiesen wurde. War in der Kommission noch eine Mehrheit für mehr Prävention und ein Werbeverbot, setzten sich im Rat die Wirtschaftsinteressen durch. Ein sehr bedauerlicher Entscheid, bei dem man meinen könnte, die Tabakindustrie sei ein Kerngeschäft unseres Landes. Dass deren Einnahmen aber nur einen Bruchteil der Gesundheitskosten ausmachen, welche durch Tabakkonsum verursacht werden.
Zwei Debatten betrafen die Krankenkassenprämien: Zuerst die Erhöhung Franchisen. Sowohl ein CVP-Vorstoss wie auch meine Kommission verlangten eine Anpassung der Franchisen. Ich habe mich vergeblich dagegen gewehrt. Die irrige Meinung, dass somit die Kosten sinken würden, setzte sich leider deutlich durch. Zahlreiche Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen mir, dass wirklich auf Kosten der chronisch Kranken politisiert wird und auch die Menschen mit tiefen Franchisen nicht einfach unnötig zur Ärztin gehen.
Vor sechs Jahren wurde der Vorstoss zur Kinderprämienbefreiung eingereicht. Nun hat der Nationalrat beschlossen, dass die Kinderprämien für Familien mit unteren und mittleren Einkommen um mindestens 80 Prozent verbilligt werden. Erfreulich, allerdings musste es kostenneutral erfolgen. Erreicht haben wir das durch eine Änderung des Risikoausgleichs der jungen Erwachsenen. So wurden Mittel frei, die jetzt für die Kinder eingesetzt werden können.
Und sonst: Viele Feiern zu Ehren der gewählten Präsident/innen, die ich aber allesamt wegen Sitzungen auslassen musste. Erstaunlich viele Mails zu Voten und Zeitungsartikeln während der Session von Bürger/innen. Ein schwarzer Laptopbildschirm zu Beginn der zweiten Sessionswoche brachte mich kurzzeitig “in die Sätze”. Denn das hiess improvisieren und kurzfristig einen neuen Laptop evaluieren und einrichten. Zum Glück – und wie immer in diesen Dingen – hat mich mein Lebenspartner Gregor dabei tatkräftig unterstützt.
Frohe Festtage und alles Gute für 2017!