Die SP Frauen sind entschieden gegen die Unterdrückung – und für die Gleichstellung der Frauen. Sie wehren sich aber gegen die scheinheiligen und verlogenen Argumente für ein Verhüllungsverbot. Von Margrit Blaser, Präsidentin SP Frauen Kanton St. Gallen.
In der September-Kantonsratsession wird über die Ausdehnung des Gesetzes zum Vermummungsverbot auf ein Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum abgestimmt. Das bedeutet praktisch, dass das Tragen einer Burka (Ganzkörperverschleierung/Augen sichtbar) oder eines Niqab (Ganzkörperverschleierung) ausserhalb der Wohnung verboten bzw. strafbar ist. Die vorberatende Kommission befürworte die Einführung des Verbotes. Die SP Frauen des Kantons St. Gallen unterstützen den Vorschlag der Regierung, der ein Burkaverbot ablehnt, jedoch das Verhüllungsverbot im Umgang mit Behörden, Amtsstellen, Schulen usw. regelt. Der Bericht der Regierung bestätigte: Von den bei uns lebenden muslimischen Frauen verhüllt sich nur eine ganz kleine Minderheit auf der Strasse das Gesicht. In der Regel sind es Touristinnen, die das Land wieder verlassen. Der Kanton St. Gallen scheint offensichtlich kein Magnet für verhüllte muslimische Touristinnen zu sein, denn wir begegnen so gut wie nie verhüllten Frauen.
Die Bestrebungen, ein Burkaverbot einzuführen, kommen in der ganzen Schweiz mehrheitlich aus rechtskonservativen Kreisen. Das „Egerkinger Komitee“ um SVP-Nationalrat Walter Wobmann, welches bereits erfolgreich den Bau von Minaretten verhinderte, kämpt nun mit Angstszenarien und im Namen der Befreiung der Frauen für ein nationales Verbot der Ganzkörperverschleierung. Wie beim Minarettverbot geht es auch beim Verhüllungsverbot darum, mit muslimischen Symbolen Angst und Verunsicherung vor Fremdem zu schüren. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen Kulturen steht dabei nicht zur Diskussion.
Die SP Frauen sind entschieden gegen die Unterdrückung – und für die Gleichstellung der Frauen. Die Vorstellung, sich mit einer ganzkörperverschleierten Frau zu unterhalten, ist auch für uns befremdlich. Jedoch wehren wir uns gegen die scheinheiligen und verlogenen Argumente für ein Verhüllungsverbot. Was die Initiant/innen und die weiteren Befürworter/innen unter der „Befreiung“ der Frauen verstehen, hat wenig mit der Gleichstellung der Geschlechter zu tun. Die Forderungen zum Minarett- und Verhüllungsverbot werden für rassistische Anliegen instrumentalisiert. Es sind die gleichen Kreise, die sich bis heute gegen gesetzliche und strukturelle Bestrebungen zur Gleichstellung der Frauen hartnäckig und teilweise wenig zimperlich wehren.
Wir haben auch wenig Verständnis für die Argumentation für ein Burkaverbot aus linken, feministischen oder christlichen Frauen- und Männerkreisen. Sie vertreten die Ansicht, dass die Ganzkörperverschleierung der Frauen weltweit und deshalb auch bei uns nicht toleriert werden sollte. Viele Frauen in den betroffenen Ländern kämpften dort für diese Freiheit und nähmen grosse persönliche Risiken auf sich. Ein Burkaverbot in der Schweiz sei eine symbolische Forderung gegen die Frauendiskriminierung in diesen Ländern. Der Vorstand der SP Frauen des Kantons St. Gallen ist dezidiert der Ansicht, dass ein Burkaverbot in der Schweiz den betroffen Frauen in den muslimischen Ländern kaum helfen kann. Die Rolle der Frauen im Islam ist viel komplexer und vielschichtiger. Sie kann nicht auf die Frage einiger Bekleidungsvorschriften reduziert werden. Für uns wirkt diese Forderung weltfremd und in gewisser Weise arrogant.