Hauptziel jeder sozialdemokratischen Politik ist die Schaffung einer demokratischen und gerechten Gesellschaft in Frieden. Das Wissen, dass eine solche Gesellschaft möglich ist und dem Wesen des Menschen entspricht, lässt uns mit Mut und Zuversicht in die Zukunft blicken. 2018 soll einerseits ein Erinnerungsjahr an den Generalstreik werden, anderseits gilt es den damals begonnenen Weg zu einem starken Sozialstaat unbeirrt weiter zu gehen. Von Max Lemmenmeier, Präsident der SP Kanton St.Gallen
Die SP Kanton St.Gallen kann trotz der Niederlage bei der AHV-Abstimmung im September auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Es ist uns im Kantonsrat gelungen, wichtige Verbesserungen bei der Sozialhilfe zu erreichen. Dank dem Druck der Strasse und der Verbände haben wir eine Einmaleinlage von 128 Millionen in die Pensionskasse der St. Galler Staatsangestellten durchgesetzt; eine Mehrheit im Kantonsrat wollte vor Jahresfrist keinen Franken zur Ausfinanzierung beisteuern. Zusammen mit der CVP wurden in kürzester Zeit 7000 Unterschriften für die Familieninitiative gesammelt. Sie wird die Familien im Kanton merklich entlasten und die Chancen von weniger gut gestellten Kinder und Jugendlichen merklich verbessern.
100 Jahre Generalstreik
Vor hundert Jahren wehrten sich die Arbeiterinnen und Arbeiter im Landesgeneralstreik gegen die politische Zurücksetzung und die systematische Ausbeutung und Aushungerung. Es ging letztlich um die Gleichberechtigung der Arbeiterschaft im Staat. Obwohl der Streik durch die bewaffnete bürgerliche Militärmacht gewaltsam unterdrückt wurde, kam es in der Folge zu grundlegenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die Wahl der SP in den Nationalrat erfolgte nach jahrelangen Verzögerungen endlich im Proporzsystem: Mit Johannes Huber und Valentin Keel zogen die ersten zwei Vertreter der st.gallischen Sozialdemokratie in den Nationalrat ein. Zugleich wurde in den privaten und öffentlichen Betrieben der Achtstundentag verwirklicht: Auf einen Schlag sank die wöchentliche Arbeitszeit um 5 bis 12 Stunden (10-20 Prozent).
Die Erinnerung an den Generalstreik ist zugleich Auftrag für die Gegenwart. Die Juso will ein neues Neun-Punkte Programm zusammenstellen. Wie dies aussehen wird, ist zurzeit noch unklar, aber es wird die inner- und ausserparteiliche Diskussion um die Verwirklichung einer gerechten, demokratischen und ökologischen Gesellschaft weiter vorantreiben. Es gab 1918 und es gibt heute in unserer Partei verschiedene Vorstellungen über die Mittel und Massnahmen für die Überwindung des Kapitalismus. Dass dieser Kapitalismus immer wieder in die Schranken gewiesen werden muss, dass es immer darum geht, für das Wohl aller in einem Staat zu sorgen, ist jeder Sozialdemokratin und jedem Sozialdemokraten klar. Am Ende dieses Weges steht letztlich eine neue, eine gerechte Gesellschaftsordnung: Eine Gesellschaftsordnung, in der nicht – wie heute in der Schweiz – eine halbe Million Menschen in Armut lebt, während ein paar wenige über riesige Vermögen verfügen.
Teil Europas
Die Erinnerung an 1918 sollte uns auch klar machen, dass die Sozialdemokratie immer eine internationale Bewegung war. Als internationale Bewegung, als Friedenbewegung muss es unser Ziel sein, für ein geeintes Europa einzutreten. Wir wenden uns konsequent gegen die sich breit machende schweizerische Überheblichkeit, gegen dieses dauernde Geschwätz vom Sonderfall Schweiz, gegen diesen billigen Nationalismus. Als Sozialdemokrat bin ich ein überzeugter Europäer. Wir leben im Zentrum Europas, wir gehören zu Europa und wir sollten uns am Friedensprojekt EU beteiligen, mit Mut und Zuversicht für eine gerechte europäische Gesellschaft.