Die SP-Grüne-Fraktion im St.Galler Kantonsrat unterstützt das revidierte Sozialhilfegesetz. Grosse Skepsis hingegen ist in der Fraktion zu den Vorlagen rund um die verkehrlichen Entwicklung zu spüren. Dies ist anachronistisch und reaktionär. Und mit einem ihrer Prestige-Projekte missachtet die bürgerliche Ratsmehrheit einen Volksentscheid! Von Guido Berlinger-Bolt, Politischer Sekretär SP SG.
Die Mitglieder der SP-Fraktion trafen sich am Samstag zur Vorbereitung der Septembersession in der Kantonsschule in Wil. Die Fraktionssitzung stand im Zeichen der Bildungspolitik. Zusammen mit den Gästen von kantonalem LehrerInnenverband KLV, dem MittelschullehrerInnenverband KMV, je einem Uni- und Erziehungsratsmitglied und mit der Gewerkschaft VPOD machte sich die Fraktion auf eine Tour d’horizon. Dabei nahmen die SP-KantonsrätInnen insbesondere Sorgen und Ängsten vieler Lehrpersonen im Zusammenhang mit einer drohenden Einführung des neuen Lohnsystems (Nelo) auch im Schulbereich wahr. Auch die in naher Zukunft wartende Digitalisierung des Schul- und insbesondere des Unterrichtsbetriebs lässt viele LehrerInnen nicht kalt.
Breiter diskutierte die Fraktion über die publik gewordenen Verfehlungen an einzelnen HSG-Instituten in den Bereichen der Nebentätigkeiten von ProfessorInnen, im Institutssponsoring und in der Institutsfinanzierung allgemein. Einmal mehr stand auch die einseitige Ausrichtung der Uni auf das neoliberale Wirtschaftsmodell in der scharfen Kritik. Diese Negativschlagzeilen erhalten aufgrund der in der Novembersession zu diskutierenden Vorlagen zur mehrjährigen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sowie zum HSG-Campus Platztor in St.Gallen eine ziemlich grosse Brisanz.
Kein 10jähriges Jubiläum zulassen
SP und Grüne wollen diesen Herbst ein schändliches Jubiläum verhindern: das zehnjährige Lohnmoratorium für die kantonalen Angestellten. Im Austausch mit den LehrerInnenverbänden, der HochschulrätInnen und der Gewerkschaft VPOD versicherten die KantonsrätInnen, sich in der Beratung von Aufgaben und Finanzplan und Budget einmal mehr für eine Lohnerhöhung der Lehrpersonen einzusetzen. Der Job der LehrerInnen war in den letzten Jahren geprägt von ständig steigenden Anforderungen. Die Lohnentwicklung hinkt dagegen weit hinterher.
Sozialhilfe mit wichtigen Fortschritten
Erfreut nahmen die 21 SP-KantonsrätInnen die wichtigen Fortschritte im V. Nachtrag zum Sozialhilfegesetz zur Kenntnis. Das zweite Revisionspaket befasst sich vor allem mit der Sozialberatung und mit der stationären Sozialhilfe. «Wir beurteilen den vorliegenden Entwurf insgesamt als positiv», so Peter Hartmann, SP-Grüne-Fraktionspräsident. «Die Verankerung in der Sozialberatung ist absolut notwendig», sagt Dario Sulzer, SP-Kantonsrat aus Wil. «Nur 80% der Gemeinden bekennen sich heute zum Grundangebot. Dass es Gemeinden gibt, welche diese wichtigen Aufgaben gar nicht erfüllen wollen, ist inakzeptabel.»
Zentral sind für die SP-Grüne-Fraktion auch das neue Finanzierungsmodell für Frauenhaus und «Schlupfhuus». Mit ihm fällt der Selbstfinanzierungsanteil der beiden Institutionen weg. Ins Gesetz fanden auch die Sterbehospize Aufnahme, nachdem sie vor drei Jahren mit dem Bericht Palliative Care erstmals in den Fokus der kantonalen Politik kamen. Innerhalb von drei Jahren kann in diesem Bereich ein wichtiger sozialpolitischer Fortschritt erzielt werden.
Wichtige Kommissionen nehmen die Arbeit auf
Zu Beginn der Septembersession werden die Kommissionen für gewichtige Geschäfte bestellt. So wird in der Novembersession die Steuervorlage 17 (USR4) beraten werden. Ebenso die eigene Familieninitiative, die völlig unverständlich als Spielball von der Regierung in den Kantonsrat gespielt wurde und dort im November zusammen mit dem Bericht «Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung» ein erstes Mal behandelt werden wird. Ebenfalls behandelt werden das Klanghaus und der HSG-Campus am Platztor in St.Gallen.
Noch nicht beraten hat die SP-Fraktion die vier Geschäfte unter dem Titel Verkehrliche Entwicklung. Die Skepsis über das rückwärtsgewandte und auf den Strassenverkehr fokussierte Geschäft war am Rande der Fraktionssitzung allenthalben zu spüren. Ausgerechnet jetzt, nach dem Sommer 2018, in dem die unmittelbaren Folgen des Klimawandels deutlicher wie nie sichtbar wurden, wollen die bürgerlichen Parteien ein derart autophiles Programm durchpeitschen! Die Visionslosigkeit der bürgerlichen ist für die SP-KantonsrätInnen völlig unverständlich und grenzt an Realitätsverweigerung. Gipfel dieser antiquierten Autopolitik ist die Forderung von FDP und SVP auf Erhöhung des Pendlerabzugs, der ausschliesslich die Autopendler bevorzugen würde. Die Mitglieder der vorberatenden Kommission empfehlen der Fraktion «Nichteintreten auf das Geschäft». Die Fraktion wird dazu erst am Sessionsmontag, 17. September diskutieren.
Wir erwarten in den kommenden Monaten harte politische Diskussionen. Wir wollen sie im Interesse der breiten Bevölkerung führen.