Hitzige Debatten in der Herbstsession. EU-Waffenrecht und Waffenexport sorgten genauso für Auseinandersetzungen und Emotionen wie die Steuervorlage. Von Barbara Gysi, SP-Nationalrätin.
Beim Waffenexport konnten wir glücklicherweise eine Motion gutheissen. Auch die Lohngleichheit bewegte die Gemüter. Erleichtert haben mich die Entscheide des Ständerats zum Bundespersonal. Mitten drin fing die Gerüchteküche an zu brodeln und es wurde spekuliert. Gibt es einen Doppelrücktritt aus dem Bundesrat? Und dann kam ein erster Rücktritt: Johann Schneider-Ammann geht per Ende Jahr. Damit ist jetzt klar Zeit für eine FDP-Frau. In den Gesprächen und in den Medien wird rasch klar, die Wilerin Karin Keller-Sutter hat gute Chancen. Und dann kommt am Donnerstag auch noch der Rücktritt von Bundesrätin Doris Leuthard. Spannende Wahlen erwarten uns.
Steuervorlage und AHV-Finanzierung
Viel wurde über die Verknüpfung der zwei wichtig(st)en Themen der Legislatur, der Unternehmenssteuern und der Finanzierung der AHV, geredet und geschrieben. Ein Kompromiss, der für mich sowohl nachvollziehbar wie auch tragbar ist. Denn die USR I und II hatten sehr wohl Auswirkungen auf die AHV-Finanzen, da die steuerfreie Dividendenausschüttung der AHV Einnahmen entzog. Nach dem Referendumssieg gab es auch eine klare Forderung nach einem sozialen Ausgleich in der Nachfolgevorlage. Die Variante AHV-Finanzierung ist eine sehr gute Lösung. Ich bin überzeugt: Ohne Abstriche auf der Leistungsseite bekommen wir diese 2 Milliarden Zusatzeinnahmen nicht mehr für die AHV. Doch auch die Unternehmenssteuerseite ist in meiner Beurteilung auf der positiven Seite. Sicher hätte ich noch mehr gewollt, aber es wurden einige wesentliche Verbesserungen gegenüber heute erreicht. Einerseits wird das von der OECD geächtete Steuerprivileg für die Statusgesellschaften abgeschafft und andererseits die Dividendenbesteuerung auf Bundesebene erhöht. Auch die USR II wird zumindest zur Hälfte korrigiert (neu muss der gleich hohe Betrag, der als Dividende ausgeschüttet wird, auch als versteuerbarer Gewinn ausbezahlt werden). Das ist doch einiges. Die als Ersatz geschaffenen neuen Instrumente sind insgesamt recht restriktiv ausgestaltet. Ich kann verstehen, dass die Tatsache, dass man auch auf kantonaler Ebene aktiv werden muss, damit dort nicht allzu forsch Steuern gesenkt werden, nicht von allen goutiert wird. Doch wird der kantonale Steuerwettbewerb ohne nationale Vorlage erst recht angeheizt. Kantonale Referenden wird es also so oder so brauchen.
Ergänzungsleistungsgesetz-Revision – Erfreuliche Erhöhung der Mietzinsminima
Die ELG-Revision war zum zweiten Mal im Nationalrat, da sich der Ständerat doch einigen Verschärfungen widersetzt hatte. Ein wichtiger Durchbruch ist uns nun gelungen mit der Erhöhung der Mietzinsminima. Hier haben wir nun eine Lösung erreicht, die den Betroffenen nach 10 Jahren endlich eine Anpassung bringt, die ja auch von den Betroffenenverbänden schon lange gefordert wurde. Einzig Konkubinatspaare und in Wohngemeinschaften Lebende sind nicht zufrieden, weil jetzt die Haushaltgrösse für die Berechnung herangezogen wird. Weitere Differenzen bleiben noch bestehen: Kürzung der Kinderkosten und eine Kürzungsmöglichkeit der EL um 10%, wenn Kapital bezogen und verbraucht wurde. Beides bekämpfe ich stark und hoffe dank einer klaren Ständeratshaltung wenigstens einen Kompromiss zu erreichen.
Minimale Schritte zur Lohngleichheit – umkämpftes Gleichstellungsgesetz
Es war eindrücklich letzten Samstag in Bern: 20’000 Menschen haben an der Kundgebung zwei Tage vor der Nationalratsdebatte für mehr Lohngleichheit und gegen Diskriminierung demonstriert. Ich durfte mit anderen engagierten Frauen den Demozug anführen. Was wir dann im Rat erlebten, war ernüchternd. Abstruse Argumente wurden geäussert und Lohnunterschiede weggeredet. Das Minigesetz wurde weiter verwässert und beispielsweise die Betriebsgrösse heraufgesetzt. Gescheitert ist wenigstens der Versuch, die Erhöhung des Frauenrentenalters noch in diese Vorlage zu packen. So sind gerade mal noch ein Prozent der Firmen betroffen.
Die Krankenkassenprämien waren kein Sessionsgeschäft, aber dennoch Thema während der Session. Zusammen mit Marina Carobbio und Rebecca Ruiz präsentierte ich an einer Medienkonferenz der SP unseren Initiativtext zur Prämienentlastungsinitiative und zeigten deren Eckwerte auf. Maximal 10 Prozent des verfügbaren Haushalteinkommens sollen für die
Krankenkassenprämien aufgewendet werden müssen. Vom ursprünglichen Sozialziel von 8 Prozentmaximalbelastung, das bei der Einführung des KVG’s versprochen wurde, sind wir weit entfernt. In gewissen Kantonen und Familienkonstellationen müssen 15-20% des Einkommens dafür aufgewendet werden. Zusätzliche Prämienverbilligung, die dank der Initiative gesprochen
werden, tun not.
Bundespräsident Berset informierte wenige Tage später über die Prämienentwicklung für 2019. Das Kostenwachstum ist etwas gebremst, darum ein geringeres Prämienwachstum. Allerdings wurde ein Teil des Prämienwachstums mit einer neuen Berechnungsmethode weggeschummelt. Dennoch bleibt die Belastung für viele Menschen hoch und sie können die Prämien kaum bezahlen.
Die Herbstsession ist eine intensive Zeit, die auch mit der Schlussabstimmung für mich noch nicht zu Ende ist. Denn sogleich geht es weiter mit Delegiertenversammlungen und Parolenfassungen zur Steuer-AHV-Finanzierung und weiteren Hearings für das SGB-Präsidium. Die spannenden Debatten gehen weiter.