Mindestens so lange, bis die Frauen in allen Gremien mit 50 Prozent vertreten sind, helfen Frauenlisten den Anteil der Frauen zu erhöhen. Das ist inzwischen durch zahlreiche Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen belegt. Frauenlisten machen die aktive Mitwirkung der Frauen in der Politik sichtbar und stärken ihren Auftritt. Wer auf einer Frauenliste kandidiert, steht nicht ausschliesslich für „Frauenthemen“. Denn es gibt keine Frauen- oder Männerthemen, sondern einzig gesamtgesellschaftlich relevante Themen, für die Frauen und Männer gleichermassen verantwortlich sind (z.B. soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Politik in der Wirtschaft und Umwelt, Strukturen zur Vereinbarkeit von Beruf und Arbeit). Unbestritten ist jedoch, dass bei den herrschenden Macht- und Strukturverhältnissen in unserer Gesellschaft, die Forderung nach der Gleichstellung auch heute immer noch bei den Frauen hängen bleibt.
In den neunziger Jahren zog die SP bei den Parlamentswahlen mit Frauenlisten in den Wahlkampf und war damit sehr erfolgreich. Das Interesse daran erlosch zusehend mit der Illusion, dass wir auf dem besten Weg zur Gleichstellung seien. Spätestens der Womens March 2017 in Zürich, mit 14‘000 TeilnehmerInnen, zeigte, dass sich die gesellschaftliche und strukturelle Stellung der Frauen in elementaren Bereichen wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Lohngleichheit, Armutsrisiko der Frauen, Gewalt gegen Frauen usw. nur wenig verbesserte.
Gläserne Decke für Frauen in den Parlamenten?
2015 lag der Frauenanteil in den nationalen und kantonalen Parlamenten zwischen 15 bis maximal 32 Prozent. Im Ständerat sank der Frauenanteil kontinuierlich bis auf 15 Prozent.
Der Frauenanteil im St. Galler Kantonsparlament ist so tief wie noch nie. Innerhalb von zwölf Jahren sank er von 25,5 auf 18,3 Prozent. Verglichen mit den Ostschweizer Kantonen sitzen im St. Galler Kantonsrat am wenigsten Frauen. Auch die SP Fraktion im Kanton St. Gallen könnte einen höheren Frauenanteil sehr gut verkraften. Die NZZ am Sonntag vom 28.10.2018 fragte, ob der Frauenanteil in den politischen Institutionen eine gläserne Decke erreicht habe und kommt zum Schluss: „Die Frauenfrage ist zurück auf dem politischen Parkett“.
Frauenlisten und Frauenforderungen bei den bürgerlichen Parteien
Das Thema „Frauenlisten und Frauenforderungen“ ist bei den bürgerlichen Parteien angekommen. Die FDP des Kantons St. Gallen steigt mit einer Frauenliste in die Nationalratswahlen 2019.
Die CVP Schweiz überrascht bei der Bundesrätinnenwahl erfolgreich mit einem Zweier-Frauenticket. Und zu guter Letzt kommt das Frauenforum Wil, ein mehrheitlich bürgerliches Forum, mit der Forderung an Beni Würth: „Wir Frauen wollen unseren Sitz im Ständerat behalten, weil wir einen berechtigten Anspruch darauf haben.“
Daneben erscheint die SP des Kantons etwas gar selbstzufrieden, besonders im Hinblick auf die Kantonsrats- und Kommunalwahlen.
Frauenlisten der SP haben eine Wirkung
Frauenlisten sind nicht das Alleinseligmachende und nicht in jedem Fall erfolgsversprechend. Unbestritten ist, dass Frauenlisten in urbanen Gegenden und Agglomerationen auch Frauen mobilisieren, die den herkömmlichen Parteien bei der Vertretung der Frauenanliegen eher skeptisch gegenüber stehen. Frauenlisten stärken das Vertrauen in die politische Arbeit der ganzen Partei sowie in die Stellung der Frauen innerhalb der SP.
Vor dem gesellschaftlichen Hintergrund der Stellung der Frauen und ihre Vertretung in den Parlamenten ist die SP als Partei und sind die SP Frauen im Besonderen bei den Kantonsrats- und Kommunalwahlen gut beraten, sich die Frage: „Frauenlisten JA oder NEIN“ nochmals zu überlegen.
Margrit Blaser
Präsidentin SP Frauen