Gleiche Chancen und Respekt für alle – so lautet eine der vier zentralen Forderungen der SP SG im laufenden Wahlkampf. Im Juni 2019 fand der nationaler Frauenstreiktag statt. Die SP hatte zu den Forderungen der Strasse verschiedene Vorstösse eingereicht. Mit der Beantwortung eines ersten durch die Regierung ist die Ratslinke nur teilweise zufrieden.
Der Frauenstreik wirkt! Die Forderungen der über 6000 Töchter, Frauen, Mütter und Grossmütter zur Gleichstellung sind im politischen Diskurs und in den Köpfen der politischen EntscheidungsträgerInnen angekommen. “Wir fordern im Kantonsrat aber eine verbindliche Umsetzung der Frauenförderung in Kaderpositionen und der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie!” sagt Co-Fraktionspräsidentin der SP-Fraktion.
Zu unverbindlich – so nicht!
Die Antwort der Regierung auf die Motion von SP und Grünen 42.19.25 «14. Juni 2019: Frauenstreik, Gleichberechtigung: Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Frauen in Kaderpositionen» ist weitgehend unverbindlich gehalten. Für die SP-Grüne-Fraktion ist dies ernüchternd. Die Regierung ist noch immer nicht bereit, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ins Gesetz zu schreiben. Und auch nicht, dass sie für eine angemessene Vertretung von Frauen in Kaderpositionen in der kantonalen Verwaltung sorgt.
Trotz gleicher Ausbildung: Frauen gelangen nicht dorthin, wo Entscheide getroffen werden
Die Regierung führt in der Antwort auf die Motion aus, dass sie ihr äusserst bescheidenes Ziel von einem Frauenanteil von 30 Prozent im Kaderbereich deutlich verfehlt. Aktuell liegt der Anteil bei 24.8 Prozent.«Das ist unglaublich und inakzeptabel in einer Zeit, in der Frauen und Männer gleichermassen über höhere Bildungsabschlüsse verfügen», sagt Co-Fraktionspräsidentin der SP-Grüne-Fraktion, Bettina Surber. «Wir müssen einmal mehr konsterniert feststellen, dass Frauen, obwohl ausgezeichnet ausgebildet, oftmals nicht dorthin gelangen, wo die Entscheide getroffen werden.» Immerhin erkennt die Regierung nach dem Frauenstreik nun Handlungsbedarf – sie ist bereit, verschiedene Massnahmen zu treffen, um den Frauenanteil zu erhöhen. Jedoch: Mit einer Gesetzesgrundlage dazu verpflichten, das möchte sie sich dann doch lieber nicht. Die SP-Grüne-Fraktion ist enttäuscht über diese Haltung. Sie wird sich im Rahmen der Septembersession für eine Überweisung der Motion einsetzen. Die jetzige Situation mit einem Frauenanteil von 24. 8 Prozen zeigt, dass alleine schöne Worte der Regierung nicht genügen.
Regierung sieht keinen Handlungsbedarf
Im Weiteren geht die Regierung davon aus, dass sie im Bereich Vereinbarkeit von Beruf und Familie bereits alles Machbare tut. Eine fragwürdige Haltung, angesichts des tiefen Anteils an Frauen in Kaderpositionen. In der Antwort auf die Interpellation 51.19.66: «Frauenstreik 2019, Gleichberechtigung: Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Wie fortschrittlich ist der Kanton St.Gallen als Arbeitgeber», wird insbesondere aufgelistet, wie die Pensenverteilung zwischen Männern und Frauen ist: Bei den Männern sind es rund 77 Prozent, die in einem Vollpensum arbeiten, bei den Frauen sind es lediglich 30 Prozent. Rund 46 Prozent der Frauen arbeiten in einem Pensum von unter 80 Prozent – bei den Männern sind es gerade einmal 6 Prozent. Ein bemerkenswertes Bild in einer Zeit, in welcher man davon ausgehen könnte, dass sich Mütter und Väter die Kinderbetreuung teilen, in einer Zeit, in der man erwarten könnte, dass Väter gleichermassen ihr Pensum reduzieren, wenn Kinder da sind und dass Frauen ihr Pensum gleichermassen hochhalten können. Die SP-Grünen fordern die Regierung auf, diese Zahlen zum Anlass zu nehmen, den in der Interpellationsantwort umschriebenen Kulturwandel mit Nachdruck zu verfolgen.
Entschlossenheit – Jetzt!
Aktuell hat man beim Lesen der Antworten den Eindruck, dass es der St.Galler Regierung an der notwendigen Entschlossenheit fehlt, die notwendigen Schritte zu gehen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten und Frauen auch zu Entscheidungsträgerinnen zu machen.
Guido Berlinger-Bolt, Politischer Sekretär SP SG