Für menschenwürdige Zustände im Asylwesen!

Am 2. Dezember veröffentlichte das Migrant Solidarity Network (MSN) einen anonymen Bericht von Asylsuchenden, die im Ausreise- und Nothilfezentrum Sonnenberg in Vilters im Kanton St. Gallen untergebracht sind. Die darin geschilderten Zustände im Zentrum verdeutlichen grundlegende Probleme im nationalen und kantonalen Asylwesen: Die Menschen im Zentrum erhalten kein Geld, sondern nur Sachabgaben. Ihr Essen wird zu fixen Zeiten geliefert, ausserhalb davon gibt es keine Möglichkeiten zum Selberkochen und keinen Zugang zu Lebensmitteln, was besonders für Familien mit Kindern belastend ist. Für die untergebrachten Menschen fehlt jegliche Möglichkeit, über sich selber oder ihre Umstände zu bestimmen, teilweise über eine sehr lange Zeit hinweg. Die Folge sind nicht selten psychische Problem, Depressionen, Schlafstörungen und Hoffnungslosigkeit.

Für die SP ist die Situation exemplarisch für die Fehler des Schweizer Asylsystems als Ganzes: Die Nothilfestrukturen wie das ANZ Sonnenberg wurden ursprünglich für eine wenige Monate dauernde Vorbereitung der Ausreise konzipiert. Alle Regelungen sind darauf angelegt, die Lage für abgewiesene Asylsuchende möglichst unangenehm zu machen und sie gegen ihren Willen zur Ausreise zu bringen: Entzug der Sozialhilfe und Erbringung von Nothilfe in Sachleistungen, abgelegene Unterkunft mit wenig Kontakt zur Umwelt, enge Platzverhältnisse, kaum Perspektiven oder Möglichkeiten zur Selbstentfaltung.

Aus Sicht der SP ist diese Praxis eine Schikane, die am Ende keinen Zweck erfüllt. In der Realität verbleiben Personen mit abgelehntem Asylentscheid oft viel länger als geplant in den Zentren. Denn auch wenn die Rückführung in ein anderes Land von Seiten des Staats als “zumutbar” eingeschätzt wird, ist für viele Asylsuchende klar, dass das Leben dort weder sicher wäre noch mehr Perspektiven bieten würde.

Auch im ANZ Sonnenberg zeigt sich das. Viele Asylsuchende bleiben mehrere Jahre dort untergebracht, darunter auch Familien mit Kindern, bei denen die Eltern die Ausreise ablehnen. Gemäss Antwort der Regierung auf eine Interpellation im Kantonsrat im Sommer 2021 sind im ANZ in Vilters 10 Familien mit insgesamt 18 Kindern untergebracht. Die Familien, sowie alleinstehende Frauen sind zwar auf einem separaten Stockwerk untergebracht, haben gesonderte Aufenthaltsräume und einen Spielplatz im Freien. Aber eine normale Kindheit ist im Zentrum natürlich keinesfalls möglich und auch der staatliche Auftrag, die Entwicklung der Kinder in grösstmöglichem Umfang zu fördern und den dafür erforderlichen Lebensstandard zu schaffen, wird weit verfehlt.

Die unsinnige Abschreckungspolitik der Schweiz ist menschenunwürdig, zynisch und im Falle der Kinder speziell kurzsichtig. Die Erfahrung zeigt, dass viele von ihnen früher oder später permanent in der Schweiz leben bleiben. Ihre Sozialisierung und Entwicklung, die in den Rahmenbedingungen der ANZ erschwert wird, ist darum unser aller Anliegen.

Die SP sieht den Bericht aus dem ANZ Sonnenberg für ein weiteres Zeichen für die verfehlten Vorgaben im Asylwesen, die zu menschenunwürdigen Situationen für Menschen auf der Flucht führen. Wir fordern, dass der Kanton St. Gallen seinen ganzen Spielraum nutzt, um die Lage erträglicher zu machen! Zusätzlich fordern wir spezifisch ein Zentrum für Familien mit Kindern, welches ihnen einen normaleren Alltag ermöglicht, als das im abgelegenen ANZ Sonnenberg möglich ist.

Andrea Scheck, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

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