Bürgerliche schaffen Probleme, statt sie zu lösen

Mit erschreckend deutlicher Mehrheit hat der St.Galler Kantonsrat in der November-Session drei völlig unnötige Motionen zu Bekleidungsvorschriften in der Schule und im öffentlichen Raum überwiesen – es handelt sich dabei um ein Kopfbedeckungsverbot in der Schule sowie eine Ausweitung des Vermummungsverbots im öffentlichen Raum. Schockierend daran ist vor allem wie sich CVP und FDP geschlossen hinter die praxisfremden Vorstösse stellten und damit den letzten Rest ihrer freiheitlichen Werte über Bord warfen  – und dies obwohl die Vorstösse völlig unnötig sind. Burka-Trägerinnen gibt es im Kanton St.Gallen keine. Und die Frage des Kopftuchs an den Schulen ist derzeit rechtlich klar: Sofern das Bundesgericht den Entscheid des St.Galler Verwaltungsgericht nicht umstösst, ist es jungen Muslimas erlaubt, ein Kopftuch zu tragen. Dies ist auch richtig so, denn wie auch der St. Margrether Schulpräsident vor Gericht ausführte: Es führt zu keinen Problemen. Somit kann ein Verbot nicht verhältnismässig sein. Daran ändert auch ein kantonales Gesetz nichts.

Natürlich stellen sich im Umgang mit der Burka andere Fragen als beim Kopftuch. Würden wir das Tragen einer Burka an der Schule akzeptieren? Ziemlich sicher nicht. Doch darum geht es bei einer Ausweitung des Vermummungsverbotes nicht – stattdessen sprechen wir plötzlich darüber, den Menschen vorzuschreiben, wie sie sich im öffentlichen Raum zu kleiden haben. Solche Ideen sind einer Diktatur würdig, aber nicht eines demokratischen Rechtsstaates.

Schockierend an den Vorstössen ist aber auch, dass die SVP Fraktion im Rat noch versuchte, den islamfeindlichen Hintergrund ihrer Vorstösse als Einsatz für die Frauenrechte zu tarnen – dies von einer Partei, deren Frauenanteil nicht anders als verschwindend bezeichnet werden kann. Kein Wunder: Vor zwanzig Jahren plädierte die noch dafür, dass die Vergewaltigung in der Ehe straffrei bleiben soll. Dass eine Ehefrau kein eigenes Bankkonto führen dürfe. Und ihr Bundesrat hätte es auch heute noch am liebsten, wenn frau zuhause am Herd bleibt, statt arbeiten zu gehen. Mit den überwiesenen Motionen hat der Kantonsrat nichts für die Freiheitsrechte muslimischer Frauen getan. Ganz im Gegenteil: Muslimische Frauen sind derzeit ohnehin schon unverhohlener Feindseligkeit und physischen Angriffen in diesem Land ausgesetzt. Der Kantonsrat hat mit seinen Entscheidungen nur geholfen diese Stimmung zusätzlich anzuheizen anstatt echte Probleme zu lösen.

Etrit Hasler, Kantonsrat St.Gallen

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